Bei den bisherigen Tastings konnte ich dank größerer Sample-Mengen die jeweils ersten Eindrücke aus Geschmäckern und Aromen in einer zweiten oder dritten Sitzung zumeist gegenprüfen, anpassen und festigen. Insbesondere als Einsteiger versucht man sich bei Tastings über – wenn man so will – Urteile besonders sicher zu sein. Aus persönlicher Erfahrung haben sich Notizen zu einzelnen Cognacs nach einer Wiederholungssitzung manchmal als absolut treffend aber auch teilweise als kaum nachvollziehbar erwiesen. Gewisse Beeinflussungen der Sinne können folgende Gründe haben:

  • Ein vorausgegangenes gutes Essen ist ideal für eine stimmige Atmosphäre, um mit einem geselligen Tasting anzuschließen. Dabei bedenken sollte man allerdings, dass zum Beispiel kräftig gewürzte Speisen vor allem die Geschmackssinne in Anspruch nehmen und strapazieren. Sogenanntes »Food Pairing« ist bei dem Genuss von Cognac eine spannende Disziplin. Wer sich von einem Cognac aber ein möglichst neutrales Bild verschaffen möchte, sollte nach dem Essen gegebenenfalls noch eine gewisse Zeit mit der Verkostung warten.
  • Auch kurz zuvor genossene Getränke wie Kaffee, Tee, Softdrinks, Cocktails und andere Spirituosen können beeinflussen, welchen Eindruck ein Cognac hinterlässt. Insbesondere der Genuss von Bier kann die Zunge schnell belegen und den Cognac weniger aromatisch, weniger intensiv und weniger komplex wirken lassen. Auch das »Cigar Pairing« und Rauchen im Allgemeinen wirkt sich auf die Wahrnehmung eines Cognacs unmittelbar aus.
  • Idealerweise steht zu jedem Tasting stilles Wasser bereit, mit dem sich Aromen vom vorigen Cognac vor der Probe eines nächsten neutralisieren lassen.
  • Dass es beim Nosing auch auf die Wahl des richtigen Glases ankommt, konnte ich in den Sitzungen zu Ferrand feststellen. Wer zwischen einzelnen Tastings also mal das Glas gewechselt hat, wird möglicherweise bestimmte Düfte als dominanter oder weniger dominant empfinden.
  • Sicherlich gibt es noch andere Faktoren, weshalb ein Cognac in seinen Dimensionen unterschiedlich ausfallen kann. Manchmal kann man bei dem Griff ins Regal auch einfach daneben greifen oder man probiert eine bislang nicht geläufige Sorte. So liegt vielleicht die Präferenz bei eher herben Cognacs, hat aber zu einem Süßlichen gegriffen. Dann können Vorliebe und Ergebnis wegen des Überraschungseffekts auseinanderklaffen.
  • Dies sind aber nur Empfehlungen und gedankliche Voraussetzungen, die auf eigenen Erfahrungen beruhen. Grundsätzlich sollte sich vergegenwärtigt werden, dass der gleiche Cognac an unterschiedlichen Tagen unterschiedlich riechen und schmecken kann. Das ist ein recht grundsätzlicher Umstand, den ich persönlich erst erlernen musste. Was mich zu folgendem Punkt bringt…

Für das aktuelle Tasting durfte ich die drei Bio-Cognacs von Pasquet testen. Dafür standen jeweils Miniatur-Samples zur Verfügung. Gemessen an der zur Verfügung stehenden Testmenge reichte das theoretisch für jeweils zwei knappe Sessions aus. Die Herausforderung bestand hierbei bereits mit der ersten Sitzung eine gute griffige Vorstellung der Cognacs niederzuschreiben. Lediglich in einem Nachgang sollten die Eindrücke dann überprüft aber möglichst wenig korrigiert werden. Um so mehr habe ich versucht mich dabei zu konzentrieren.

Jean-Luc Pasquet L'Organic 04, 07 und 10
Die drei L’organic-Cognacs im Test.

Das besondere an diesem Trio liegt bereits im Namen. »L’organic«, also »Der Organische« zeichnet sich im Besonderen durch seine nachhaltige Anbauweise der Reben und den schonenden Weiterverarbeitungsprozessen aus. Gemäß der EU-Öko-Verordnung tragen die Flaschen das grüne »Euro-Blatt«-Logo auf den Etiketten. Damit spezialisiert sich der Hersteller auf einen bislang noch sehr kleinen aber stetig wachsenden Markt abseits der etablierten Klassiker. Bio-Cognacs erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Denn hierbei geht es nicht um eine krampfhafte Verjüngungsstrategie des Produkts sondern nicht weniger als den natürlichen Schutz begrenzter Anbaugebiete im Sinne der Nachhaltigkeit.

Bereits seit 1730 ist das Haus Pasquet mit der indirekten und direkten Cognacproduktion vertraut. Im Jahre 1970 erbte Jean-Luc Pasquet nicht nur die Namensrechte von seinem Onkel Albert. Ab 1977 begann Neffe Jean-Luc seine eigene Produktion aufzuziehen und durfte dabei auf bis zu 80 Jahre alte Eaux-de-vie aus der Grande Champagne zurückgreifen, welche Albert wohlgehütet kultivieren konnte. Ab 1994 begannen die Pasquets ihre Reben nach biologischen Vorgaben anzubauen. Noch vor der Jahrtausendwende präsentierte das Haus seinen ersten Bio-Cognac. Im Übrigen führt Pasquet noch drei weitere Bio-Aperitifs im Angebot, darunter einen Pineau.

Gespannt bin ich daher, inwiefern sich Pasquet gegenüber anderen Cognacs behaupten kann. Man muss natürlich ganz klar sagen, das Bio-Siegel wird man hier nicht herausschmecken können. Allenfalls kann es aber einen positiven Nebeneffekt bei der Bewertung der hier getesteten recht jungen Cognacs haben. Schauen wir uns die Drei also im Detail an.

I. L’organic 04

Beginnen wir mit dem gerade mal vier Jahre alten L’organic. Entsprechend der Kennzeichnung ist dieser Cognac in der VS-Kategorie anzusiedeln. Gemäß der bereits gesammelten Erfahrung ist hier ein möglicherweise leicht wässriger aber scharfer, eventuell auch deutlich alkoholisch betonter Cognac zu erwarten. Im direkten Vergleich mit den beiden anderen Samples fällt die hellere Farbe auf. Das ist auf den geringeren Reifegrad zurückzuführen.

Jean-Luc Pasquet L'organic 4
Der L’organic 04 im Glas.

Tatsächlich zeigt sich im Glas ein heller grünlich-gelber Schimmer. Aus vorigen Tastings schließe ich, dass hier vermutlich ein leicht säurebetonter, birniger, wohl auch an Trauben und Kleinkernobst erinnernder Duft vorzufinden sein wird. Der Most aus den für L’organic-Cognacs grundsätzlich verwendeten Ugni-Blanc-Reben lagert nach Destillation mindestens viereinhalb Jahre in Limousin-Eichenfässern. Pasquet stellt diesen Blend aus nur zwei Eaux-de-vie her. Als kleines Gimmick: Auf der Rückseite der Flaschen lassen sich die Jahrgänge und Abfülldaten des Cognacs nachvollziehen.

Im Riechtest verhält sich der Blend aufgrund des jungen Alters recht intensiv in der Nase. Im direkten Vergleich mit den anderen L’organics wirkt dieser sogar noch am intensivsten, nicht aber zwingend am ausgeprägtesten. Früchte sind präsent, birnige Noten stechen dabei hervor. Auch eine holzige Note kann ich erkennen. Zu beobachten ist, dass die süßlichen Aromen zuerst aus dem Glas strömen und dann nach und nach subtiler werden.

Geschmacklich zeigt sich ein toller präsenter Ausdruck von Trauben. Gewisse erwartbare Eichennoten machen sich gar nicht mehr bemerkbar, generell wirkt dieser VS trotz der präsenten Trauben wenig süßlich. Im Nachgang taucht eine pfeffrige Note auf, die in den Längen etwas bissig werden kann. Das ist aber nicht so überzeichnet wie beispielsweise bei Bertrand. Es entwickelt sich zudem ein leicht zimtiger Nachgeschmack der überraschend unbemerkt beginnt und dann stärker präsent wird. Das Finish ist kurz und kräftig.

Hier finden Sie den Cognac L’organic 04 von Pasquet in unserem Online-Shop.

II. L’organic 07

Weiter geht es mit dem nur wenige Jahre älteren Bruder. Pasquet gibt an wenig bis nichts bei den Herstellungsverfahren der jeweiligen Cognacs zu verändern. Lediglich durch den längeren Reifegrad entwickeln sich distinktive Ausprägungen. So werden wie für den L’organic 04 auch bei 07 und 10 jeweils zwei Eaux-de-vie verarbeitet. Um so interessanter ist es daher direkte Vergleiche anzustellen und zu schauen, wie sich die längere Reifung auswirkt.

Jean-Luc Pasquet L'Organic 7
Der L’organic 07 im Glas.

Farblich ist dieser VSOP-Cognac nur leicht dunkler als der Vorgänger. So zeigt sich ein hellbräunlicher Glanz. Im Nosing verhält sich dieser deutlich dezenter als der VS, was mich zunächst etwas irritierte. Unmittelbar erkennen konnte ich dabei Vanille-Düfte. Bei vorigen Tastings hatte ich immer wieder Schwierigkeiten zu verstehen, was mit einer gewissen »Frische« gemeint sein könnte, da Cognac-Häuser ihre Produkte häufig mit diesem Begriff kategorisieren. Hier habe ich erstmals sofort dieses Gefühl einer gewissen Frische und Leichtigkeit wahrgenommen.

Dieses anfänglich Dezente zeigt sich auch geschmacklich. Der Cognac schmeckt nur leicht pfeffrig. Schnell kommen Erinnerungen von Lebkuchen dazu, die jedoch schnell wieder verschwinden. Einzelne Nuancen verschwimmen recht schnell, sodass es etwas schwierig ist wirklich alle Aromen fassen zu können. Im Allgemeinen ist dieser Blend recht sanft im Auftritt.

Auch im Abgang entfaltet sich der Cognac eher nur kurz. Als Orientierungspunkt fallen mir in Tastings oft zuerst die pfeffrigen Noten auf. Unter Umständen verwechselt man das manchmal aber mit den alkoholischen Geschmäckern. Im Glas bleibt eine klar benennbare Idee von Tabak, die tatsächlich so im Tasting gar nicht richtig vorkam. Ein eher zarter VSOP.

Hier finden Sie den Cognac L’organic 07 von Pasquet in unserem Online-Shop.

III. L’organic 10

Zuletzt also zur XO-Variante des L’organic. Gemessen am Alter ist es ein noch recht heller Cognac der XO-Qualifikation, aber im Vergleich natürlich der dunkelste in dieser Reihe. Interessant ist, dass alle L’organics mit exakt 40 Volumenprozent den gleichen Alkoholanteil besitzen. Daran zeigt sich um so mehr, wie bei gleichen Herstellungsbedingungen allein die Reifung für besondere Aromen sorgen kann.

Jean-Luc Pasquet 10
Der L’organic 10 im Glas.

Beim Nosing hat sich ein interessanter Effekt gezeigt. Auszumachen waren diverse Zitrusdüfte, die vor allem Orange und ein wenig Zitrone hervorgehoben haben. Je länger man sich aber beim Riechen Zeit lässt, desto eher entwickelt sich der erste Eindruck zu einer Ingwer-Note. Auch ein wenig Lebkuchen-Geruch ist erkennbar.

Geschmacklich setzt sich ebenfalls ein Eindruck von Zitrusfrüchten durch. So zeigt sich ein schöner ausgeprägter Orangengeschmack. Im Test fühlte ich mich sogar teilweise daran erinnert, in ein kleines Stück Orangenfilet zu beißen. Auch Honig und Spuren von Zimt kommen durch und komplementieren die Zitrusaromen recht gut.

Über einen leicht erdigen Abgang entwickelt sich ein kakaobetontes Finish. Für einen Cognac der Klasse XO hält dieser Eindruck aber leider auch nicht sehr lange an. Es kommt aber ein gewisser Zedernholzduft durch, der lange im Glas stehen bleibt. Insgesamt würde ich diesen doch sehr sanften XO wohl EinsteigerInnen empfehlen.

Hier finden Sie den Cognac L’organic 10 von Pasquet in unserem Online-Shop.

Es war zunächst recht schwierig gravierende Unterschiede zwischen den Cognacs festzustellen. Alle Drei lagen einerseits relativ dicht beieinander, da sie offensichtlich stark miteinander verwandt sind. Andererseits sind sie aber auch vollkommen unterschiedlich gewesen und decken viele unterschiedliche Geschmacks- und Geruchsdimensionen ab.

Im direkten Vergleich mit dem L’organic 04 war der 07 für einen VSOP etwas enttäuschend, da dieser sich in allem relativ zurückhält. Das kann natürlich in der Geschmacksfrage durchaus eine Präferenz sein oder ein bestimmter Anlass bietet sich an, eher weichere und dezentere Cognacs anzubieten. Fairerweise muss ich aus persönlicher Sicht sagen, dass es hier wohl aufregendere VSOPs auf dem Markt gibt.

Allerdings machen die drei Bio-Cognacs von Pasquet vor allem als Kollektion etwas her. Das uniformierte Design der Flaschen deutet auf den Zusammenhang hin. Ich bin hier eher vom Gesamtauftritt als von einzelnen Flaschen überzeugt. Wenn man sich so viel Interpretation erlauben darf dann ließe sich vielleicht urteilen, dass die Bio-Cognacs von Pasquet vermutlich ein Publikum anspricht, welches eher weichere und sanftere Cognacs bevorzugt. In welchem Verhältnis das zum Verkaufsargument Bio steht, sei aber dahingestellt. Vielleicht ließe sich in einem kommenden Tasting sogar untersuchen, ob Bio-Cognacs auch kraftvoll und intensiv sein können.

Eine nette Herausforderung war es gleich mit der ersten Sitzung alle Sinneseindrücke so präzise wie möglich festzuhalten. Bei der Bestimmung gewisser Duft- und Geschmacksnoten werde ich immer sicherer.

In unserem Online-Shop finden sie diese und weitere Cognacs von Pasquet.

Autor/in

Max ist ein Spirituosenexperte und Redner in den Bereichen Marketing, Technologie, Start-ups und Geschäftsentwicklung. Er ist auch ein Landwirt. Er mag Werkzeuge und Maschinen, Game of Thrones und Better Call Saul. Zu seinen Top 10 Cognacs gehören der Audry XO und Bache Gabrielsen 1973.

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