Ich muss zugestehen: Am Beginn meiner Reise habe ich die vielen verschiedenen Darreichungsformen und Flascheninszenierungen von Cognacs ein wenig belächelt. Je weiter man an der Preisleiter hinaufklettert, desto wahrscheinlicher rückt auch die Art der Präsentation in den Vordergrund. Manchmal, so der Eindruck, mag die Bedeutung des Pomps dem eigentlichen Inhalt der Flaschen übersteigen. Imposante Verpackungen sollen eine gewisse Eleganz, eine Wertigkeit, wohl auch einen Aufwand vermitteln. Das bedeutet aber nicht zwingend, dass das auch den Cognac im Glas verbessert. Oder doch?

Mit den vorliegenden XO-Varianten aus dem norwegisch-französischen Haus Bache Gabrielsen darf ich jetzt unter anderem auch einen Cognac aus einer Box testen. Das hat natürlich erstmal nicht viel zu bedeuten sofern man sich nicht darauf einlassen möchte. Tatsächlich aber, so viel vorweg, kann ich meinen bisherigen Eindruck zum Teil revidieren. Ich werde feststellen: Das Auge genießt bei Cognac mit. Was mir bislang ein wenig als Augenwischerei vorgekommen ist, erklärt sich über den Gesamteindruck. Wie das Erleben eines Cognacs durch das Sehen beeinflusst wird, werde ich unter anderem in diesem Tasting beobachten können.

Bache gabrielsen XO Thomas Prestige blue box
Die Box des XO Premiums.

Bevor es an die eigentliche Verkostung geht aber zunächst noch ein paar allgemeine Gedanken. Was mir beim Lesen über Tastings aufgefallen ist, ist die schiere Unendlichkeit an Sinneseindrücken die in manchen Rezensionen beeindruckend detailliert beschrieben werden. Manche Tastings scheinen wahre sensorische Feuerwerke auszulösen. Es mag dann verwundern wenn die eigenen privaten Tastings manchmal eher unaufgeregt ausfallen und dabei besondere Nuancen kaum oder gar nicht erkannt werden. Ein gewisser Zweifel hängt dann, eben sofern man sich als AnfängerIn in der Szene versteht, an einem selbst. Wurde nicht richtig hingeschaut, gerochen, geschmeckt? Um es klar zu betonen, die Fähigkeit zu riechen und zu schmecken ist bei jedem Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt.

Vergewissert werden sollte sich daher immer eins: Cognacs zu probieren, sie zu vergleichen und zu erfahren sollte immer zuallererst Spaß machen. Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Ein Tasting, wie der Begriff schon impliziert, basiert auf dem eigenen Geschmack. Wer zuvor also beispielsweise in einer Cognac-Rezension von „gebratener Paprika“ gelesen hat und diese in der Schärfe nicht identifizieren kann, sollte sich nicht grämen. Es ist völlig normal solche Nuancen, wenn sie denn überhaupt existieren, nicht zu erkennen. Das hat nichts mit mangelnder Kenntnis zu tun sondern vielleicht eher mit einem enger gefassten Vorstellungsvermögen für Geschmäcker und Aromen. Einfacher gesagt: Wer im genannten Beispiel lediglich die Impression „würzig“ erkennt, wunderbar!

Mit dem bisherigen Wissen wird sich nun zwei Cognacs aus der XO-Kategorie gewidmet. XO bedeutet bekannterweise, dass die jüngsten der enthaltenen Eaux-de-vie mindestens zehn Jahre gereift sein müssen. Da es sich in dieser Sitzung um zwei XOs aus dem gleichen Haus handelt, sollte natürlich eine gewisse Verwandschaft herauszuarbeiten sein. Das macht es um so spannender zu untersuchen, wie subtil oder möglicherweise auch groß die Unterschiede ausfallen werden.

Bache Gabrielsen XO Prstige Cognac mit zwei Gläsern und seiner blauen Box
Die zwei Bache-Gabrielsen XOs im Test.

Zunächst zum Haus selbst: Bache-Gabrielsen vereint als Marke eine interessante Perspektive auf Internationalität, was nicht zuletzt auch auf die Entstehungsgeschichte zurückzuführen ist. Das Haus wurde 1905 von Thomas Bache-Gabrielsen gegründet. Der damals Anfang 20-jährige Norweger verließ die Armee mit dem Ziel sich ausreichendes Wissen anzueigenen, einmal das Geschäft des Vaters fortführen zu können. Um gut gerüstet für den Wein- und Spirituosen-Handel zu sein, reiste Thomas aus der kleinen Kommune Holmestrand am Oslofjord in die Stadt Cognac. Dort kaufte er das Haus bereits bestehende Haus Dupuy und formte daraus mit Geschäftspartner Peter Anton Rustad die Marke Rustad & Bache Gabrielsen.

Da die Familie mit dem heimischen Handel auf einen bereits etablierten Markt zurückgreifen konnten, entwickelte sich das Haus rasch weiter. Thomas blieb in Frankreich und gründete eine Familie. Bis heute ist das Haus im Familienbesitz geblieben und wird seit 2009 bereits in vierter Generation von Großenkel Hervé betrieben. Mit Hilfe von Kellermeister Jean-Philippe Bergier arbeiten Bach-Gabrielsen nunmehr Jahr um Jahr daran eine ausgewogene Balance zwischen Verjüngung und Tradition zu finden.

1. XO Thomas Prestige

Klar, der vorliegende Prestige soll allein schon des Titels wegen eine Verbeugung vor dem Gründervater Thomas sein. Es liegt daher gar nicht so fern hier einen kräftigen und charakteristischen Cognac zu erwarten, der einen bleibenden Eindruck hinterlassen soll. Tatsächlich aber überrascht der Prestige durch Filigranität.

Bache Gabrielsen XO Thomas Prestige
Der XO Thomas Prestige im Glas.

In der recht schmalen aber hohen Flasche wirkt der XO zunächst mächtig und imposant. An der Seite der Flasche befindet sich die Nummerierung. Ein Augenmerk setzt der hölzerne Verschlussdeckel. Öffnet man die Flasche, staunt man. Ein ungewöhnlich breiter Gummistopfen mit einem Durchmesser von etwa drei Zentimetern verschließt die Flasche fest und das Öffnen geht manchmal gar nicht so leicht von der Hand.

Im Glas stehend wirkt der Prestige trotz seines kupferfarbenen Schimmers überraschend schlank an der Nase. Einzelne Nuancen stechen nicht so schnell hervor wie es bei vergleichbaren XOs oft der Fall wäre. Das erfordert erhöhte Konzentration. In solchen Fällen kann zudem immer eine kleine Übersicht, manchmal Tasting Wheel genannt, helfen verschiedene Sinneseindrücke griffiger benennbar zu machen.

In diesem Fall habe ich mich um den Dimensionen des Cognacs etwas näher zu kommen aber einen anderen Weg gewählt. Über das Ausschlussverfahren habe ich überlegt, welche Eindrücke beim Nosing eher nicht die Sensoriken ansprechen. So sind weder eine größere Süße, noch Schärfe, noch starke Blumigkeit erkennbar. Auch eventuell prägnanter Rauch fällt nicht auf. Tatsächlich erinnern die Aromen nach einem fokussierten Nosing nach und nach an Lakritz, Orange und nach einer weiteren Weile an etwas subtiler Eiche. Ohnehin nimmt sich der XO viel Zeit, sofern man sie ihm lässt.

Flaschennumer 9917 des Bache-Gabrielsen XO Thomas Prestige
Die Nummerierung der Flasche im Detail.

Geschmacklich bestätigt sich Orange. Würznoten aus mildem Pfeffer und Zimt kommen hinzu. In der leichten Süße verstecken sich Ideen von Karamell. In den Spitzen verlängert sich ein Eindruck von Zitrus in Richtung Ingwer. Schnell wird aber klar, das ist kein sonderlich kräftiger XO. Das lies sich bereits durch den Geruchstest vermuten. Interessant ist, dass auch nach mehrfachem Nosing die durchaus deutliche Lakritznote nicht im Geschmack auftaucht.

Der Abgang wird als lang und komplex beschrieben. Hiermit habe ich ein wenig Schwierigkeiten. Obwohl im Bouquet eine gewisse Würze (nicht Schärfe) durchkommt, verschwindet diese im Abgang recht abrupt. XOs bilden durch die jahrzehntelange Reifungen der Eaux-de-vie üblicherweise distinktive Aromatiken heraus. Für einen Cognac dieser Kategorie ist das hier allerdings kaum zu spüren und erinnert so eher an einen ordentlichen VSOP. Der Begriff „sanft“ wäre bei 40% Alkoholvolumen ohnehin recht passend. Etwas spät überrascht ein lieblicher Tabakduft und verbleibt im Glas.

Im Nachhinein, und das soll eher als Randbemerkung verstanden werden, bin ich mir im Nosing unschlüssig geworden. Wirkte der XO mild oder eindimensional? Die Lesart ist hierbei natürlich auch von der eigenen Präferenz abhängig. Mag man es eher wuchtig oder eher smooth? Diplomatisch gesprochen wird das oft als „ausbalanciert“ ausgedrückt.

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2. XO Premium

Anders sieht es bei dem Bruder aus. Die klare Verwandschaft zeigt sich schon im vergleichenden Nosing sofort, denn vor allem die Holzdüfte ähneln sich. Ebenso wenig Gewürz und wenig Schärfe sind festzustellen. Allerdings überwiegen hier die Unterschiede. Dieser XO präsentiert auffallend schnell eine schöne Süße aus Dörrobst: Rosinen und Pflaumen kommen hervor und lassen auf einen längeren Reifeprozess hindeuten.

Bache Gabrielsen XO Premium Cognac
Der XO Premium im Glas.

Zunächst aber das Design. Dieser Cognac ist zumindest in seiner Präsentation bereits ein Statement. Seitlich wird die blaue Box aufgeschoben. Sicher verstaut, thront darin die nach oben hin sehr bauchig werdende Flasche. Die Flasche selbst ist wesentlich kleiner als die des Prestiges aber daher auch umso schwerer. Bei einem Füllvolumen von 700 Millilitern ist die Flasche kaum 20 Zentimeter hoch. Der massive Sockel braucht Platz im Regal, sofern man die Flasche außerhalb der Box präsentieren möchte. Es ist zwar nur ein kleines Detail aber ins Auge fällt sofort der schöne Glanz des goldenen Deckels. Vorsicht, das Eingießen ist dabei nicht ganz einfach. Der Schwerpunkt der Flasche liegt enorm weit unten, sodass schon beide Hände benötigt werden.

Im ersten Nosing äußert sich der XO wesentlich süßlicher als der Prestige. Der Eindruck von Orangenschale vom Prestige verlängert sich durch diese bestimmte Süße in Richtung Kernobst, eine leichte Karamellnote kommt hinzu. Nur wenige ledrige, hölzerne oder würzige Aromen klingen an. Nach einem längerem Nosing entwickeln sich präsente Vanillenoten, die ein wenig an Keksteig beziehungsweise Gebäck erinnern können. Was ich hier wiederfinde ist wie beim Vorgänger auch eine Würze von Lakritz.

Nahe Aufnahme des Bache-Gabrielsen XO Premium
Detailansicht des XO Premiums.

Geschmacklich fällt zudem die wenige alkoholische Betonung auf. Der XO ist weich und angenehm. Im Abgang bestätigt sich die Lakritznote, sogar Kokos und Banane klingen leicht aus. Im Glas allerdings bleibt hölzernes Rancio stehen. Das überrascht, denn oft können sich Holz und Süße unbemerkt überlagern. Wo der Prestige im Abklang eher an Nuancen von Tabak erinnert, bleibt hier eine markantere Süße stehen.

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Spannend und extrem aufschlussreich war es, zwei unterschiedliche Cognacs aus der gleichen Alterskategorie des gleichen Herstellers gegenhalten zu können. Ein erster Zweifel an der eigenen sensorischen Sensibilität verflog zum Glück, denn allein farblich unterscheidet sich der Prestige deutlich vom Premium. Der XO Premium wirkt kräftig und robust, der Prestige eher leicht und flüchtig.

Ich habe festgestellt, dass Präsentation und Inhalt der Cognac-Produkte wesentlich stärker miteinander verwoben werden als bislang angenommen. Geschmack und Aromatik spiegeln sich immer auch im Design wieder. Das klingt völlig einleuchtend wenn man bedenkt, dass die Verpackung immer die Charakteristik des Produkts unterstreichen sollte. Während der schlanke Körper des Prestiges sich in der gewissen Schlichtheit der Flasche ausdrückt, ist es die intensive Aromatik des Premiums die der Aufmachung nur gerecht wird.

Bewusster wahrgenommen habe ich deshalb das Wirken eines Cognacs. Wo ich mich zuvor eher auf Geruch und Geschmack konzentriert habe, ist mir jetzt auch das Aussehen des Produkts präsenter geworden. So seltsam das auch klingen mag, vor allem die dekorative Ader der blauen Box habe ich zu schätzen gelernt.

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Autor/in

Max ist ein Spirituosenexperte und Redner in den Bereichen Marketing, Technologie, Start-ups und Geschäftsentwicklung. Er ist auch ein Landwirt. Er mag Werkzeuge und Maschinen, Game of Thrones und Better Call Saul. Zu seinen Top 10 Cognacs gehören der Audry XO und Bache Gabrielsen 1973.

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