Es ist kaum erstaunlich, dass angesichts des derzeitigen Cognac-Booms ebenso die Preise für die Anbauflächen in der Region Charente kräftig steigen.

So ist seit 2005 der Wert eines Hektars durchschnittlich um sagenhafte 100 % in die Höhe geschnellt – und übertrifft damit selbst die Preise der 1990er Jahre als in der Branche eine wahre Goldgräberstimmung herrschte. Nun könnte man meinen, mit einem Hektar-Preis von 50.000-55.000 € (teils sogar über 60.000 €) würden sich Cognac-Hersteller und Weinbauern vor Freude die Hände reiben.

Leider gibt es wie so oft auch hier eine Kehrseite der Medaille. Ein junger Winzer, der ein Weingut in der Grande Champagne sein Eigen nennt, berichtet:

“Eine Anbaufläche ist mehr und mehr nur noch ein bloßes Spekulationsobjekt, bei dem der Preis nach Belieben diktiert werden kann. Vor einiger Zeit hatte ich ein Angebot von 4,1 Millionen € für eine Fläche abgegeben, deren Ausgangspreis bei 4 Millionen € lag. Sonst hätte man sich vielleicht auf 4,3 Millionen € geeinigt, doch in buchstäblich letzter Minute wurde ein Preis von 5 Millionen € angesetzt.”

Warnrufe von allen Seiten

Der rasante Anstieg der Preise hat auch einige namenhafte Größen im Cognac-Geschäft (nicht zuletzt der Verbände und Banken) zu mahnenden Worten veranlasst:

Christophe Forget, Präsident der Union Générale Des Viticulteurs de Cognac, konstatiert : „Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Preisen für Anbauflächen und der ökonomischen Realität.“

Und Sylvie Slain, Direktorin von Safer en Charente, führt aus: “Die Lage ist durchaus ernst. Preise von mehr als 50.000 € pro Hektar sind nicht  nur entgegen jeder Wirtschaftlichkeit, vor allem erschweren sie es insbesondere jungen Weinbauern und kleinen Unternehmen zu expandieren oder sich überhaupt auf dem Markt zu etablieren. Damit steuern wir auf eine Situation zu, in der das Fortbestehen der klassischen Cognac-Herstellung gefährdet ist.”

Das Geschäft mit den Anbauflächen

Seit Anfang 2012 haben ca. 160 Hektar Anbaufläche in der Region um Cognac den Besitzer gewechselt. Die meisten wurden von den größeren Cognac-Häusern aufgekauft, die finanziell stark genug sind, um bei den steigenden Preisen mithalten zu können. Junge Weinbauern und kleine, unabhängige Hersteller bleiben hier aber gleich reihenweise auf der Strecke.

Selbst die Banken sind nicht darauf eingestellt, entsprechende Mittel bereitzustellen. Credit Agricole etwa nimmt den klaren Standpunkt ein, keine Kredite für Landkäufe zu vergeben, die sich über einem Niveau von 35.000 € pro Hektar bewegen.

Die Weinbauern sehen sich dabei in eine Situation versetzt, die an das Jahr 1992 erinnert: damals hatten die Preise den Rekordstand von 300.000 Francs pro Hektar erreicht. Ebensowenig aber die Tatsache, dass im Jahre 1999 der Wert wieder auf 100.000 Francs pro Hektar zurückgegangen war, noch der Hinweis auf die gern zitierten ‘Strukturen des Marktes’, mit denen alle Beteiligten nun mal leben müssten, hilft den kleinen Cognac-Herstellern in der aktuellen Situation weiter.

Es bleibt abzuwarten, ob im Laufe von 2012 sich die Preise wieder auf ein Niveau einpendeln, das den Branchenriesen wie den Nischenunternehmen gleichermaßen zugute käme. Schließlich lebt die Cognac-Herstellung nicht zuletzt auch von der Verschiedenheit der Anbaukulturen – diese zu verlieren wäre dem gesamten Geschäft abträglich.

Autor/in

Max ist ein Spirituosenexperte und Redner in den Bereichen Marketing, Technologie, Start-ups und Geschäftsentwicklung. Er ist auch ein Landwirt. Er mag Werkzeuge und Maschinen, Game of Thrones und Better Call Saul. Zu seinen Top 10 Cognacs gehören der Audry XO und Bache Gabrielsen 1973.

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