Cognac und Hip Hop – das klingt mittlerweile nach einer dank diverser Marketingmaschinerien geschmierten, so völlig selbstverständlichen Kombi, dass genau dieses Selbstverständliche überdeckt, dass besagtes Selbstverständliche eigentlich wenig selbstverständlich ist (verstanden?). Ist es doch noch gar nicht so lange her, dass Cognac eher der Drink für die Fraktion der kapriziös Über-Saturierten war, für die einerseits immer neue Herausforderungen in Sachen pekuniärer Maßlosigkeit her mussten, die andererseits es sich aber nicht nehmen ließen, in ihrem Konsum auf bewährt-traditionelle Luxugüter zu setzen.

Man kann sagen: diese Selbstverständlichkeit ist tatsächlich abhanden gekommen. Cognac ist weiterhin ein Luxusprodukt, aber es ist auch zu einem Luxusprodukt für (nahezu) jedermann geworden. Damit zusammen hängt dann auch jene Beziehung von Cognac und Hip Hop. Aber alles der Reihe nach.

Cognac als Luxusprodukt

Im frühen 18. Jahrhundert führte der damalige König Louis XV. auf Cognac eine Steuer als Luxusprodukt ein. Diese Steuer war nicht nur kurz- und mittelfristig in den Staatseinnahmen wohlig spürbar, sondern hatte auch zur Folge, dass sich ins kollektive Gedächtnis der Franzosen langfristig die Vorstellung einbrannte, dass Cognac etwas sei, das großen Feierlichkeiten und wichtigen Gästen vorbehalten sein müsse. Der Grundstein von Cognac als einem Luxusprodukt war gelegt.

Fast forward ins 20. Jahrhundert, als zwischen den beiden Weltkriegen, d.h. insbesondere in den – sagen wir es ganz offen und vielleicht sogar ein wenig neidisch – unbedarft unverschämt-dekadenten 1920ern die Pariser Clubs von den ersten sowohl europäischen wie afro-amerikanischen Jazz-, Swing- und überhaupt Größen frequentiert wurden. Cognac war der Drink der Stunde und begann sich mit der Musik- und Unterhaltungsindustrie zu verflechten.

Zum Ende des Zweiten Weltkriegs und vermutlich schon während ihrer Stationierung in Frankreich kamen die Alliierten mit Cognac in Berührung – und zwar unter jenen Vorzeichen, die oben bereits angedeutet wurden: Cognac nicht als etwas, das eilig verkonsumiert wurde,  sondern als etwas exzeptionelles, etwas feierlich-würdevolles, das nur zu besonderen Anlässen auf den Tisch kam.

Cognac: ein „Good Times“ Drink

Als die US Truppen nach Amerika zurückkehrten, stellte sich ein nachhaltig entscheidender Unterschied im Konsumverhalten von Weißen und Afro-Amerikanern ein: während jene zu ihren altbekannten und wohlvertrauten Alkoholika zurückkehrten – Whisky und Bier -, brachten die Schwarzen die Erinnerung an Cognac als einem „Good Times“ Drink mit. Eine weitere Verbindungslinie war gezogen: zwischen Cognac und afro-amerikanischer Kultur.

Diese Verbindung blieb freilich den Verantwortlichen der Marketingabteilung von beispielsweise Hennessy nicht verborgen, die das hier vorhandene ökonomische Potential dergestalt zu befördern wussten, indem sie Werbeanzeigen gezielt in Magazinen wie „Jet and Ebony“ schalteten, Magazinen also, die sich an ein dezidiert schwarzes Publikum richteten.

Die 1970er brachten dann ein ganz anderes, im Vergleich zu jenen Werbeanzeigen ungleich hochwertigeres Produkt dieser Verbindung zustande, nämlich das V.S.O.P. Quintett – eine Neuauflage des zweiten Miles Davis Quintett, mit dem Unterschied, dass anstelle von Miles Davis hier Freddie Hubbard ins Horn blies (beide Quintette seien nebenbei ausdrücklich empfohlen). Dass bei fünf schwarzen Musikern von jeweils etwa 40 Lenzen die Selbstbetitelung V.S.O.P. nicht ganz der Selbstironie entbehrt, erschließt sich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass VSOP als Alters-, bzw. Qualitätsprädikat „very superior old pale“, also „ausgezeichnet, alt und blass“ bedeutet.

Über die Jahre festigte sich jene Verbindung von afro-amerikanischer (Musik-)Kultur, um dann in den 1990ern von Busta Rhymes mit Pass the Courvoisier ihre ultimative Hymne verpasst zu bekommen: Das trotz aller Marketingbemühen doch irgendwie Subkulturelle wurde mit einem Schlag ins gleißende Scheinwerferlicht der Pop- = Massenkultur katapultiert.

Indem nach und nach jedes mehr oder minder große Cognac-Haus sich den jeweils passenden Hip Hop Künstler als Markenbotschafter, neudeutsch Brand Ambassador zulegte – von Ludacris bis Nas, von Jay-Z bis Snoop Dogg -, konnte zugleich auch eine jüngere Zielgruppe ins Visier genommen werden. Umgekehrt konnte resp. musste der Markt für diese jüngere Zielgruppe erschwinglichere Produkte entwerfen – ohne dass der für alle Beteiligten unangenehme Nebeneffekt entstehen würde, dass Cognac sein Image als Luxusprodukt verlieren würde.

Eine Rechnung, die – wie man mittlerweile resümieren kann – aufgegangen ist.

Autor/in

Max ist ein Spirituosenexperte und Redner in den Bereichen Marketing, Technologie, Start-ups und Geschäftsentwicklung. Er ist auch ein Landwirt. Er mag Werkzeuge und Maschinen, Game of Thrones und Better Call Saul. Zu seinen Top 10 Cognacs gehören der Audry XO und Bache Gabrielsen 1973.

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