In den vergangenen Tasting-Sitzungen zu Cognac Park und Cognac Bertrand konnte ich Cognacs von einer kräftigen, manchmal sogar bissigen Seite kennenlernen. Das hat mich zunächst etwas irritiert. Meine Vorstellung von Cognac entsprach ursprünglich eines weichen, angenehm süßlichen und komplexen Charakters. Offensichtlich entsprechen aber nicht alle Cognacs einer stereotypischen Vorstellung. Das ist auch absolut begrüßenswert. Zwar benötigt man gewisse gedankliche Orientierungspunkte um einen Cognac beschreiben zu können, aber wie auch bei anderen Genussmitteln gilt: Das Besondere liegt im Abweichen von der Norm.

Für dieses Tasting konnte ich mir zwei Cognacs von Ferrand anschauen. Das ist zum einen der Cognac Ambré, der sich als Blend aus vier bis sechs Jahre alten Cognacs am ehesten als junger VSOP einstufen lässt. Verglichen wird der Ambré mit dem etwas älteren 10 Générations, einem Blend aus hauptsächlich fünf bis sieben Jahre alten Cognacs. Ferrand hat hier zwei schön ausbalancierte Cognacs im Niedrigpreissegment im Angebot. Ich werde bemerken: Cognacs haben eine sanfte, ab und an vielleicht sogar manchmal zu zarte Art. Dazu später mehr.

Max hat mir für dieses Tasting zu anderen Gläsern geraten. Zuvor habe ich großbäuchige Schwenker benutzt, die bei der Verkostung von scharfen Brandys vermutlich eher Sinn ergeben können. Nun hat mir Max tulpenförmige Nosing-Gläser mitgegeben und ich bin gespannt, inwieweit sich Geruchs- und Geschmacksnoten jetzt verändern oder verfeinern können. Auf einem Flohmarkt habe ich mal ein altes Cognac-Set entdeckt, bei dem die Gläser jeweils mit einem kleinen Deckelchen ausgestattet waren. Ob man das aber braucht?

Pierre Ferrand Ambré Cognac aus der Grande Champagne
Ferrand Cognacs im Test.

Das Haus Pierre Ferrand schaut auf eine Jahrhunderte alte Tradition zurück. Über zehn Generationen hinweg wurde dort das Know-how des Cognac-Handwerks weitervererbt. Das Stammhaus der Ferrand-Familie liegt in der Grande Champagne, die als erste Cognac-Region gilt. Stolz wird die besondere Herkunft der verwendeten Trauben präsentiert: „1er Cru de Cognac“ prangt auf den Verpackungen und Flaschen.

Etwa 120 Hektar Anbaufläche nennt der heutige Besitzer Alexandre Gabriel sein Eigen. Für die beiden vorliegenden Cognacs wurden fast ausschließlich Ugni-Blanc-Trauben verwendet, die nach Gabriel für Frische und Opulenz sorgen. Teile des Ambrés werden mit Erzeugnissen aus Colombard-Trauben vermischt. Ferrand verarbeitet ausschließlich diese beiden Traubensorten. In dem ansässigen Cru ist der Boden besonders kalksteinhaltig. Das schenkt den Reben eine besondere Säure. Ich werde aber bemerken: Ferrand Cognacs punkten durch ihre feinfühlige Art.

1. Cognac Ambré

Der Ferrand Ambré fällt sofort durch seine Inszenierung in der Flasche auf. Groß, schlank, imposant. Im Tasting wird herausstechen, dass zwischen dem geschmacklichem Eindruck und der Präsentation einige Parallelen zu ziehen sind. Ich schaue mir das Produkt also näher an.

Der Cognac Ferrand Ambré.

Zunächst fällt die Farbe auf. Rein vom Namen ausgehend ließe sich beim Ambré (also „bernsteinfarben“) ein kräftig kupferartiger Rotschimmer vermuten. Tatsächlich zeigt sich aber eher ein helles Goldblond im Glas. Da gibt es definitiv dunklere Cognacs. Erwartbar ist somit vermutlich ein geschmacklich recht leichter, nicht zu all zu langer Körper. Als Hilfestellung dient mir hier die Eselsbrücke: Helle Farbe = kürzere Reifezeit, dunkle Farbe = längere Reifezeit.

Beim Nosing kommt die Form des Tulpenglases zu Gute und ich bemerke erste Unterschiede zu den vorigen Gläsern. Ich habe den Eindruck, dass sich die Aromen im Glas deutlich besser bündeln und man so eine gezieltere Perspektive auf das Produkt erhält. Hier kommt es natürlich auch auf die persönliche Vorliebe an. Es ist vermutlich gar nicht so unüblich bei der Benutzung verschiedener Glastypen als AnfängerIn wenige oder auch gar keine Unterschiede zu bemerken. Selbstverständlich sind Vorlieben an dieser Stelle rein subjektiv.

Bei diesem Tasting ist zu Beginn in der Nase eine deutlich wahrnehmbare Vanille-Note präsent. Hier gibt es nur wenige Rauch- und Holzaromen zu entdecken. Das lässt zusätzlich auf einen eher leichten, möglicherweise süßen Charakter schließen. Weit oberhalb des Glasrandes sind Duftnoten von Rosinen und Trockenfrüchten zu entdecken.

Der Ferrand Ambré im Glas.

Es bestätigt sich die Vorahnung. Geschmacklich ist der Ambré recht weich im Antrunk. Manchmal macht er sogar einen fast wässrigen Eindruck. Bei vorigen Tastings fiel bereits eine leichte persönliche Tendenz auf: Bei Cognacs bemerke ich oft zuallererst birnige Noten, die ich auch stets als solche benennen kann. Auch in diesem Fall entdecke ich daher Noten von reifen und saftigen Birnen bis hin zu Aprikosen.

Rundum angenehm zeigt sich dieser Ferrand auch im Abgang. Bei exakten 40,2% Alkoholgehalt beißt dieser Cognac kaum, hält dafür aber auch nicht zu lange an. Vermutlich eignet sich dieser daher auch gut als Basis für diverse Cocktail-Rezepte. Er wirkt recht dezent und kann vermutlich in viele Richtungen verlängert beziehungsweise modifiziert werden.

So wie der Ambré in einer recht hohen 0,7-Liter-Flasche daher kommt, so verhielt sich der Cognac auch im Tasting. Er wirkt schlank und geradlinig, gerade zu mild. Dieser Blend aus vergleichsweise jungen Cognacs wird zu einem kleinen Teil mit zehn bis zwölf Jahre alten Cognacs angereichert. Das fällt hier aber kaum ins Gewicht. Auch die Lagerung in Eichenfässern fällt kaum auf. Als reiner Sipping-Cognac wäre mir der Ambré daher wohl etwas zu unspektakulär.

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2. Cognac 10 Générations

Vergleichsweise untypisch und daher höchst interessant ist dieser Cognac. In der Aufmachung ist der 10 Générations nicht weniger beeindruckend als der Ambré. Das Flaschendesign ist besonders auffällig und ein Hingucker. Das Label zeigt einen weit verzweigten Wurzelstamm eines Traubenbaums. Damit möchte man der Geschichte Ferrands huldigen und an die zehn Vorfahren Elie I bis X erinnern, die mit ihren Ideen im Terroir den Grundstein für die Gründung von Maison Ferrand und der Ferrand Foundation legten. Wer genau hinsieht entdeckt an den unteren Spitzen der Wurzelzweige die umrissenen Gesichter der Ferrands.

Der Cognac Ferrand 10 Générations.

Ähnlich wie der Ambré liegt auch dieser Cognac heller im Glas als es zu vermuten wäre. Es zeigt sich ein gelblicher Honig-Schimmer, der zugleich auf den Geschmack und Duft hindeutet. In der Nase wirkt der 10 Générations aber deutlich vielseitiger als der vorige. Neben Noten aus Honig und Rosinen, zeigen sich am Glasrand leicht orangige und dezent karamellige Aromen.

Geschmacklich zeigte sich Anfangs eine deutliche Kakao-Note, die sich bis hin zu Nougat erweitern konnte. Bei späteren Tastings trat dieser Eindruck allerdings nicht wieder auf. Auffallend ist eine angenehme aber nicht zu starke Süße, die gelegentlich an Grapefruit erinnern wollte.

Der Abgang ist schön und kräftig. Hier zeigt sich der deutlich höhere Alkoholanteil von 46%. Auf der Zunge entwickelt sich eine schöne ausbalancierte Schärfe, die am ehesten der von Ingwer gleicht. Dieser Cognac ist nicht so pfeffrig-beißend wie beispielsweise ein Bertrand VSOP. Im Glas verbleibt ein toller lebendiger Duft aus Honig und Ingwer. Bei einem Flaschenvolumen von 0,5l, seinem besonderen Flaschendesign und dem vergleichsweise relativ hohen Alkoholanteil, gehört dieser Cognac definitiv zu den Spezialitäten im unteren Preissegment.

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Der Ferrand 10 Générations im Glas.

Im Gegensatz zu „rauchig“ oder „schwer“ habe ich in Tastings nach wie vor Probleme „frische“ oder „florale“ Noten feststellen zu können. Vermutlich auch weil die Begriffe recht verallgemeinernd wirken und ich einen Cognac wohl auch nicht nur einfach als fruchtig beschreiben würde, sondern versuche einzelne Obstsorten zu benennen. Oft werden Cognacs aber so beworben. Eine mögliche Frage könnte daher lauten: Was bedeutet „Frische“ im Bezug zu Cognacs? Wie können florale Eindrücke festgestellt werden? Dies gilt es in den kommenden Tastings zu beobachten.

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Autor/in

Max ist ein Spirituosenexperte und Redner in den Bereichen Marketing, Technologie, Start-ups und Geschäftsentwicklung. Er ist auch ein Landwirt. Er mag Werkzeuge und Maschinen, Game of Thrones und Better Call Saul. Zu seinen Top 10 Cognacs gehören der Audry XO und Bache Gabrielsen 1973.

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